Vorarlberger Startup mit digitaler Hilfe für Waldbewirtschaftung.
DORNBIRN Nachhaltigkeit hat viele Facetten. Das zeigt das junge Startup Tree.ly, das Wald-Klimaschutzprojekte mithilfe einer digitalen Plattform umsetzt. Ziel ist es, bei entsprechender Waldbewirtschaftung mehr CO2 zu speichern, die Biodiversität zu erhöhen und für Waldbesitzende neben dem Holzeinschlag eine zusätzliche Einnahmequelle zu ermöglichen. Tree.ly-Gründer Jodok Batlogg sieht darin in Anbetracht des Klimawandels eine Notwendigkeit: „Wald ist mehr als nur Lebensraum, sondern auch einer der größten CO2-Speicher weltweit. Waldbesitzer leisten dadurch einen maßgeblichen Beitrag zur Bewältigung des Klimawandels. Bisher waren das Schlagen und Verkaufen von Holz die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen. Waldbesitzer sollten auch für die Leistungen, die der Wald für das gesamte Ökosystem erbringt, entlohnt werden. Mit Tree.ly wollen wir hierfür die geeignete Plattform bieten.“
Regionale CO2-Gutschriften
Nachdem sich die Waldbesitzer bei Tree.ly online registriert haben, werden in einer Machbarkeitsstudie eine Bestandsaufnahme des Waldes gemacht und seine Charakteristika wie Holzvorrat, Bestockungsgrad, Baumarten, Seehöhe etc. analysiert. Um die Wälder digital analysieren zu können, entwickelte Tree.ly ein exaktes Messverfahren für Biomasse und CO2-Bindung im Wald. Dazu werden u. a. Satellitenbilder mit Hilfe von künstlicher Intelligenz ausgewertet. „Diese Bestandsaufnahme kann aber auch mit analog erhobenen Daten aus einer klassischen Waldinventur gemacht werden“, so Batlogg. Auf Basis dieser Faktoren ergibt sich eine Korrelation, wie viel CO2 im Wald gespeichert ist und welches jährliche Speicherpotenzial bei entsprechender Bewirtschaftung zusätzlich ausgeschöpft werden kann. Dies wird in einem nach ISO 14064-2:2019 und TÜV geprüften Projektdokument festgehalten, zu dem sich die Waldbesitzer über die nächsten 30 Jahre verpflichten. Am Ende jedes Jahres ermittelt Tree.ly, wie viele Tonnen CO2 tatsächlich gespeichert wurden, stellt die entsprechende Anzahl von Zertifikaten aus und verkauft diese zu einem optimalen Preis. Unternehmen, die diese Zertifikate erwerben, haben so die Möglichkeit, ihre CO2-Emissionen aus regionalen Forstprojekten zu kompensieren.
Waldqualität steigern
Die durch den Zertifikatsverkauf lukrierten Zusatzeinkünfte werden von den Waldbesitzenden wieder direkt in den Wald rückgeführt, beispielsweise durch Waldpflege oder durch Pflanzung von Jungbäumen. Dadurch kommt es zu einer verbesserten Waldstruktur und -textur. Aktuell sind in Vorarlberg fünf Großwaldbesitzer mit insgesamt 12.000 ha – das entspricht rund 10% von Vorarlbergs Waldfläche – bei Tree.ly registriert. Walter Amann, Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Jagdberg, wirkt beim Pilotprojekt mit. „Unsere Wälder sind aufgrund des Klimas mit einem starken Wandel konfrontiert. Unsere Aufgabe ist es, den Wald so zu gestalten und zu pflegen, dass er diesen Änderungen nachkommen kann. Die durch Tree.ly generierten Einnahmen verbessern uns die Möglichkeit in die Klimaanpassung der Wälder zu investieren und so unseren Nachkommen einen gesunden und funktionsfähigen Wald bereitstellen zu können“, erläutert Amann die Vorteile.
Grenzenloses Potenzial
„Diverse finanzielle Unterstützungen wie der Innovation Call des Landes Vorarlberg oder die aws Green Preseed Förderung waren ein wichtiger Impuls und haben uns den Start erleichtert,“ erklärt Batlogg. Neben Vorarlberger Projekten werden bereits Vorhaben in Deutschland, Finnland, Frankreich, Italien und der Schweiz realisiert. „Das System kann, sobald es fertig ausgearbeitet ist, praktisch überall ausgerollt und sowohl für größere als auch für Kleinprivatwald- und Kleinstwaldbesitzer*innen angewandt werden. Allein in Österreich gibt es rund 150.000 ha Waldfläche, die geeignet wären“, sieht Jodok Batlogg großes Potenzial für die Zukunft.
Texte von Belinda Zoppoth-Pölshofer & Katharina Linhart, WISTO
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